Tinnitus ist eine Geräuschwahrnehmung im Inneren des Körpers, also nicht von einer realen externen Geräuschquelle ausgehend.
Objektive Ohrgeräusche wie z.B. Atemgeräusche, Anspannungen der Mittelohrmuskeln oder rhythmisch pulsierende Geräusche verursacht z.B. durch Gefäßengstellungen, sind nicht nur für Betroffene hörbar, sondern auch für Untersuchende hör- und messbar.
Den überwiegenden Anteil der Ohrgeräusche machen jedoch die subjektiven Geräuschwahrnehmungen aus. Diese können sich im gesamten Bereich der Hörverarbeitung, vom
Mittelohr bis hin zur Verarbeitung im Großhirn ansiedeln.
Ursachen für dir Entstehung des Tinnitus gibt es unzählige, die an dieser Stelle nicht alle aufgeführt werden können. Auch kann man die tatsächliche Ursache in den allerwenigsten
Fällen ausmachen.
Tinnitus ist immer nur als Symptom zu sehen und nicht als eigentliche Erkrankung selbst. Selbst wenn wir die Ursache der Entstehung unserer Ohrgeräusche kennen… diese ist dann zwar der Ausgangspunkt bzw. der Grund für die Entstehung, jedoch nicht die Erklärung für die Aufrechterhaltung und das Fortbestehen. Denn auch bei gesunden Menschen ist prinzipiell ein Tinnitus vorhanden. Dies wissen wir, wenn wir uns in eine schalldichte Kammer, also in absolute Stille setzen. Innerhalb kurzer Zeit entstehen akustische Eindrücke. Dies liegt an der dauernden hohen Spontanaktivität der im Innenohr befindlichen Sinneszellen. Durch zahlreiche Filter- und Hemmungsfunktionen entlang unserer Hörbahn (Weiterleitungssystem vom Mittelohr zur Verarbeitung im Gehirn), wird nur bedeutsamen akustischen Reizen Tor und Tür zur Weiterleitung geöffnet. In schallisolierter Umgebung, um bei dem oben genannten Beispiel zu bleiben, werden nun auch den akustischen Sensationen- weil die Einzigen- die Tore geöffnet, die in normaler, nicht schallisolierter Umgebung als unwichtig weggefiltert würden.
Wenn sich nun in unserem bekannten Grundmuster der Hörwahrnehmung etwas verändert hat, sei es durch Erkrankungen wie Entzündungen, Knalltraumen oder Hörsturz etc., sind unsere Filtersysteme irritiert und die Auswahl nach wichtig / unwichtig gestört. Hier nehmen wir dann zum ersten Mal den Tinnitus wahr.
Eine weitere Möglichkeit für die Schwächung der Filtersysteme sind Stress und Belastungen, sprich –„wenn wir zu viel um die Ohren haben“.
Gut, vorübergehend nachvollziehbar, aber irgendwann sollte sich doch ein irritiertes Filtersystem einer veränderten Hörsituation anpassen können und damit der Tinnitus
verschwinden.....
Ja, im besten Fall. Doch wenn der Tinnitus erst einmal zu einer Beeinträchtigung geführt hat, haben wir längst in unserem limbischen System eine Bewertung vorgenommen, die dafür
sorgt, dass unser ständiger Begleiter unsere Aufmerksamkeit erhält. Dies ist jedoch ein Zeichen, dass in unserer Reaktionsverarbeitung alles hervorragend funktioniert. Schließlich war
hören im Laufe unserer Entwicklungsgeschichte überlebenswichtig. Man musste sich neu auftretenden Geräuschen mit höchster Aufmerksamkeit und Alarmbereitschaft zuwenden. Wenn unsere
Vorfahren am Lagerfeuer saßen, waren Umgebungsgeräusche höchst bedeutsam.
Ab Oktober:
Der Termin für den kostenlosen Informationsabend wird noch bekannt gegeben.
Was bedeutet das im Zusammenhang mit Tinnitus (ebenso Hyperakusis / Phonophobie Geräuschüberempfindlichkeit / Flucht vor Geräuschen)?
Ist unser Filtersystem gestört – warum auch immer- tritt erstmalig der Tinnitus auf (Reiz). Würde es uns gelingen ihm auch unbewusst keine Bedeutung beizumessen, wäre er so schnell verschwunden wie er gekommen ist. Aber was passiert, wenn wir versuchen, NICHT an einen rosa Elefanten zu denken? Ziemlich sicher haben Sie bereits jetzt ein Bild des Selbigen im Kopf... Tritt also der Tinnitus als neues, unbekanntes Geräusch auf, HAT er zwangsläufig unsere Aufmerksamkeit. „Was ist denn das jetzt?“, „Ist es etwas Schlimmes?“, „Gestern war er noch leiser..“, „Werde ich mein Gehör einbüßen?“ (Bewertung / Einordnung Bedrohung ja /nein) Jede kleinste Veränderung wird mit Sicherheit wahrgenommen und zensiert.
Unsere Vorfahren am Lagerfeuer hatten bei der Wahrnehmung unbekannter Geräuschquellen drei Möglichkeiten: Weglaufen, kämpfen, totstellen. Alle drei Reaktionen verlangen dem Körper bestimmte Voraussetzungen ab, für die u.a. die Ausschüttung des bekannten Stresshormons bzw. Botenstoffs Adrenalin notwendig ist. Dies ist sowohl für Flucht, als auch für Kampf unabdingbar.
Nun haben sich zwar unsere (Über-) Lebensbedingungen verändert, nicht aber unser Reiz-Reaktions-Schema, also die Art wie wir auf Stress oder Bedrohung reagieren. Hier beginnt nun der Teufelskreis
Tinnituswahrnehmung – Tinnitusbewertung – Tinnitusverstärkung-
Die Hörtherapie setzt nun da an, dass sie sich die gleichen Mechanismen, die für die Entstehung des chronischen (dekompensierten) Tinnitus verantwortlich sind, zu Nutze macht und durch bewusste
Aufmerksamkeitslenkung die Filtersysteme trainiert.
Das Erlernen von Entspannungstechniken, sowie die Erarbeitung individueller Bewältigungsstrategien für Ihren Alltag sind zwei weitere Säulen des Konzeptes.
Informationen zur Tinnitus Beratung
Bevor Sie sich zur Hörtherapie entscheiden, ist eine Abklärung und fundierte medizinische und audiologische Diagnostik bei Ihrem HNO-Arzt erforderlich. Er kann Ihnen darüber Auskunft geben, ob nichts gegen die Teilnahme an diesem Programm spricht.
Allgemeine Informationen
Die Tinnitus-Retraining-Therapie basiert auf dem von P.Jastreboff und J.Hazell definierten neurophysiologischen Tinnitusmodell , das den Tinnitus als Produkt neuronaler Aktivität in der Hörbahn definiert, die in höheren auditorischen Zentren als Geräusch oder Ton wahrgenommen wird. Durch das neurophysiologische Tinnitusmodell konnten einige der Widersprüche aufgeklärt werden, die mit der Vorstellung verknüpft waren, dass der chronische Tinnitus ausschließlich eine Erkrankung des Innenohrs sei.
Viele Elemente der hieraus entwickleten Tinnitus-Retraining-Therapie finde nin meiner Arbeit Anwendung. Besonders wichtig ist mir jedoch Ihre individuelle Situation zu berücksichtigen und gegebenenfalls Raum für Ihre persönlichen Anliegen zu schaffen. Hier setzen Sie die Prioritäten.
Quellen:
Manual der Hörtherapie, G. Hesse /H. Schaaf
Tinnitus, Wolfgang Delb / Roberto D`Amelio / Christina Achonti / Othmar Schonecke